Nr. 569 – Rhein-Lahn-Kreis. Die 26. Bundeskonferenz der kommunalen Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten Deutschlands aus Flensburg ist erfolgreich zu Ende gegangen. Mit dabei: Die Gleichstellungsbeauftragte des Rhein-Lahn-Kreises, Dorothee Milles-Ostermann.
Rund 400 Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte aus ganz Deutschland schalteten sich
virtuell in Foren, Vorträge und Workshops zu, um sich über Digitalisierung unter dem Aspekt der Geschlechtergerechtigkeit auszutauschen. Weitere Themen der Konferenz waren die Arbeitssituation der Pflegebranche, Gewalt gegen Frauen, die Notwendigkeit kostenfreier Verhütungsmittel, die Abschaffung des § 218 und 219a StGB.
„Unser Ziel ist es, alle Menschen beim digitalen Wandel mitzunehmen. Wie wir die Digitalisierung so gestalten, dass Frauen und Männer gleiche Verwirklichungschancen haben, steht im Mittelpunkt des Dritten Gleichstellungsberichts der Bundesregierung. Der Bericht gibt uns wertvolle Impulse für unsere weitere Politik.“, so Bundesfrauenministerin Christine Lambrecht.
„Gleichstellung muss die Wechselwirkungen zwischen Geschlechterverhältnis und Digitalisierung berücksichtigen. Damit kann ein Beitrag zum Abbau struktureller Ungleichheiten, Geschlechtsstereotypen und Diskriminierungen geleistet werden.“, sagt Dorothee Milles-Ostermann.
Der Handlungsbedarf ist groß, wie aktuelle Zahlen zeigen:
> Der Frauenanteil in der Digital- und Informatikbranche liegt bei lediglich 16
Prozent. Im Topmanagement sind Frauen in der Digitalbranche eine Seltenheit. Der
Gender Leadership Gap liegt hier bei 5:1.
> Homeoffice und Care: Frauen und Männer weiten im Homeoffice ihre unbezahlte Sorgearbeit aus, allerdings Frauen stärker als Männer.
> Der Teilzeitanteil von Frauen in IT-Berufen liegt bei 19 Prozent, bei den Männern bei
5 Prozent. (Durchschnitt bei anderen Berufen: Frauen bei 31 Prozent, Männer bei 8 Prozent)
> Nur ein Drittel aller Studienanfänger*innen in MINT-Fächern sind Frauen. Seit 20
Jahren hat sich der Frauenanteil in der Informatik nur um 5 Prozent auf 22 Prozent gesteigert.
> 70 Prozent aller Frauen im Internet haben bereits Bedrohungen und Beleidigungen
erlebt. Digitale Gewalt hat fatale Folgen. 19 Prozent aller Betroffenen ziehen sich nach
dem Erlebten aus dem Diskurs zurück.
Nur eine konsequente Gleichstellungspolitik auf allen staatlichen Ebenen kann
hier Abhilfe schaffen:
Die Bundesregierung wird aufgefordert, die strukturelle Benachteiligung von Frauen abzubauen:
Neue Gesetze zu Homeoffice und mobilem Arbeiten müssen die Diskriminierungseffekte
auf Frauen systematisch ausschließen, Frauen in MINT-Berufen gefördert,
Zugänge zu Gründerinnenkapital erleichtert und Standards für die größtmögliche Selbstbestimmung über den wechselnden Arbeitsort festgelegt werden.
Pflegekampagne – #wenn, dann jetzt
Mit der Kampagne www.pflegerebellion.de solidarisieren wir uns mit den Pflegekräften
und fordern eine deutliche Aufwertung der Pflegeberufe. Die Digitalisierung muss für eine
veränderte Bewertung und Ausgestaltung von Pflegeberufen genutzt werden z.B. durch
die Umsetzung eines angemessenen gesetzlichen Mindestlohns und eine Tarifbindung in
der Pflegebranche sowie verbesserte Qualifizierungs- und Aufstiegsmöglichkeiten.
Mehr Schutz vor geschlechtsbezogenem Hass im Netz
Im digitalen Raum besteht ein hohes Gefährdungspotential durch geschlechtsbezogene
Gewalt und sexualisierte Belästigung. Wir fordern eine systematische Berücksichtigung
des Themas digitale Gewalt in Digitalisierungsprozessen, mehr Schutz vor geschlechtsbezogenerGewalt im Netz durch die Förderung und den Ausbau zivilgesellschaftlicher Initiativen und Projekte zu diesem Thema und den Aufbau von Kompetenzen und nachhaltigen Strukturen bei Polizei-, Strafverfolgungs- und Ordnungsbehörden sowie der Justiz.
Flensburger Erklärung
Mit der (einstimmigen) Verabschiedung der Flensburger Erklärung am Dienstag, den
31.08.2021 stellen die Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten fest: „Gleichstellungspolitik hat in den vergangenen Jahrzehnten in vielen Bereichen Fortschritte erzielt. Dazu beigetragen hat die engagierte Arbeit der kommunalen Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten und ihrer Netzwerkpartner*innen. Der digitale Wandel kann nur gelingen, wenn er gleichstellungsorientiert gestaltet wird. Die Arbeits- und Unternehmenskultur in der Digitalwirtschaft muss sich verändern: hin zu mehr Vielfalt. Unsere digitalen Weichen sind auf Zukunft und Wandel gestellt.“
Quellen: Studie: „Free to be online? Girls' and young women's experience of inline harassment“ des Kinderhilfswerks Plan International; Gleichstellungsbericht der Bundesregierung 2021; Bundesverband der Schwangerschaftskonfliktberatung
Informationen zur Konferenz: www.frauenbeauftragte.de
Aktuelles zur Konferenz auf Twitter: gleichberechtigt@BAGkommunal und #digitalgleichstellen
Die Bundeskonferenz wird vom Bundesministerium für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend (BMFSFJ) und dem Ministerium für Inneres, ländliche
Räume, Integration und Gleichstellung, sowie der Stadt Flensburg gefördert